Nachahmung des Nichtmenschlichen
Władisław Starewiczs entomologisches Kino
DOI:
https://doi.org/10.17892/app.2023.00016.279Schlagworte:
Władisław Starewicz, Jussi Parikka, Michail Jampol´skij, Osteuropa, Russisches Reich, Entomologie, Posthumanismus, Mimesis, Animation, Stop-MotionAbstract
Diese Studie bietet einen posthumanistischen Analyserahmen für Władisław Starewiczs oft vernachlässigte entomologische Animationen aus dem kaiserlichen Russland und argumentiert, dass diese einzigartigen Artefakte der Filmgeschichte eine nicht-anthropozentrische Alternative zu den sogenannten Post-Disney-Praktiken darstellen. Starewiczs Arbeit mit nicht-menschlichen Protagonisten in Prekrasnaia liukanida / Die schöne Leukanida (1912) und Mest' kinematografičeskogo operatora / Die Rache des Kameramanns (1912) führt zu einer eigenwilligen Herangehensweise an animierte Bewegungen, die der Regisseur in seinem gesamten Oeuvre beibehält. Er zeigt, dass selbst Starewiczs am stärksten anthropomorphistischen Filme wie Fétiche Mascotte / Das Maskottchen (1933) und Reineke Fuchs (1937) den von der Entomologie geprägten Animationsstil nachahmen, den der Regisseur in seinen frühen Tagen entwickelte. Der Weg von der Animation von Insektenkörpern zu Marionetten wurde bisher teleologisch behandelt, wobei Reineke Fuchs als Höhepunkt von Starewiczs Karriere bezeichnet wurde, während die vergessenen Insektenfilme als bloße Nachahmungen galten. In diesem Artikel wird jedoch gezeigt, dass Starewiczs Innovationen in den späteren Filmen nur durch die enorme Popularität und Entwicklung seiner früheren entomologischen Arbeiten möglich wurden und nicht umgekehrt. Dort brachte Starewicz Entomologie und Filmemachen zusammen, wobei die Filmleinwand als gläserne Vitrine zur Aufbewahrung seiner entomologischen Spektakel dient. Der Artikel betrachtet Starewiczs bahnbrechende Animationsfilme mit ihrer Verwendung des Nicht-Menschlichen nicht als Höhepunkt seiner Filmografie, sondern nähert sich ihnen durch Jussi Parikkas Aufforderung, natürliche Medien als ein Werkzeug zum Überdenken menschlicher Medien zu betrachten, das Handlungsmöglichkeiten gegenüber der Animation und neue Überlegungen zu Umfang, Inhalt und Stil offenbart. Anbetrachts der Bedeutung dieser prägenden Periode und der Leistungen des Regisseurs bei der Imitation von Gliederfüßlern, der unzählige Schnurrhaare, Hörner und Rüssel akribisch bewegen musste, um deren Bewegungen auf der Leinwand nachzubilden, argumentiert der Artikel, dass alle Stop-Motion-Filme von Starewicz entomologisch bleiben.
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