Mobilisierung der Aufmerksamkeit
Wie ukrainische Dokumentarfilmer:innen technische Mittel nutzen, um politische und soziale Teilhabe zu beeinflussen
DOI:
https://doi.org/10.17892/app.2025.00020.390Schlagworte:
Mstyslav Černov, Oksana Karpovyč; Ukraine, Dokumentarfilm, Krieg, Technologie, Digitalkamera, Ethik, Gewalt, Tongestaltung, Zuschauerrolle, nationale Identität, 20 Days in Mariupol. InterceptedAbstract
Dieser Essay untersucht, wie ukrainische Dokumentarfilmer neue audiovisuelle Technologien einsetzen, um den politischen Diskurs zu beeinflussen und im Zuge von Russlands umfassender Invasion in der Ukraine weltweite Aufmerksamkeit zu mobilisieren. Anhand einer vergleichenden Analyse zweier formal unterschiedlicher Filme – 20 Days in Mariupol (Mstyslav Černov, 2023) und Intercepted (Oksana Karpovyč, 2024) – wird das Zusammenspiel von filmischer Form, technologischen Möglichkeiten und ethischen Fragestellungen bei der Darstellung kriegsbedingten Leids analysiert. Černovs vor Ort gedrehtes Material, aufgenommen mit leichten Digitalkameras während der Belagerung von Mariupol, betont die Unmittelbarkeit und emotionale Wucht des zivilen Traumas. Karpovyč hingegen setzt auf experimentelle Weise abgefangene Tonaufnahmen und Umgebungsgeräusche ein, um die dokumentarische Stimme neu zu konfigurieren und die Banalität sowie Brutalität des Aggressors offenzulegen. Ausgehend von Theorien des dokumentarischen Kinos, seiner technischen Vermittlung und den damit verbundenen ethischen Herausforderungen argumentiert der Essay, dass diese Filme nicht nur den Konflikt dokumentieren, sondern durch ihren erfinderischen Einsatz filmischer Mittel und moderner Aufzeichnungstechnologien aktiv am Informationskrieg teilnehmen und öffentliche Stimmungen sowie geopolitisches Bewusstsein mitgestalten. Im Kontext der Tradition des politisch engagierten Dokumentarfilms zeigt die Autorin auf, wie Technologien als Instrument dienen, ethische Grenzen in Momenten historischer Krisen neu zu denken.

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